„Bestattung und Glaube“ Teil 1: Christentum | Islam
In einer multikulturellen Gesellschaft treffen verschiedene Glaubensrichtungen aufeinander. Für Bestatterinnen und Bestatter ist es wichtig, diese religiösen Perspektiven auf den Tod zu kennen, um Trauernde angemessen begleiten zu können. Im ersten Teil unserer Artikel-Reihe geht es um die Bestattungstraditionen im Christentum und Islam.
In den kommenden Monaten werden wir diese Reihe fortsetzen: Im zweiten Teil werfen wir einen Blick auf weitere Religionen wie Judentum, Hinduismus und Buddhismus. Schließlich widmen wir uns im dritten Teil den Praktiken kleinerer Religionsgemeinschaften wie dem Sikhismus und den Bahá'í. Auch nichtreligiöse Bestattungsformen, die zunehmend an Bedeutung gewinnen, werden beleuchtet.
Christentum
Katholische Traditionen
Vorbereitung des Verstorbenen
Die katholische Tradition legt großen Wert auf einen würdevollen Umgang mit dem Verstorbenen. Der Leichnam wird gewaschen und in angemessene Kleidung gehüllt – ein Zeichen des Respekts vor dem Körper als ehemaligem Tempel der Seele. Ein wichtiges Element ist die Aussegnung durch einen Priester oder einen Diakon, der den Verstorbenen der Barmherzigkeit Gottes anvertraut. Symbolische Gegenstände wie ein Rosenkranz um die gefalteten Hände oder ein kleines Kreuz begleiten den Verstorbenen oft auf seinem letzten Weg.
Bestattungsform
Traditionell bevorzugt die katholische Kirche die Erdbestattung auf einem geweihten Friedhof, was auf den Glauben an die Auferstehung zurückzuführen ist. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) ist aber auch die Feuerbestattung offiziell erlaubt. Die Trauerfeier selbst ist reich an Symbolik: Weihwasser erinnert an die Taufe, Weihrauch symbolisiert die aufsteigende Seele, und die Messfeier (Requiem) stellt das gemeinsame Gebet für den Verstorbenen in den Mittelpunkt. Diese liturgischen Elemente vermitteln Hoffnung auf das ewige Leben durch Christus.
Evangelische Traditionen
Vorbereitung des Verstorbenen
In der evangelischen Tradition steht die schlichte und würdevolle Versorgung des Verstorbenen im Mittelpunkt. Auch hier wird der Leichnam schonend gewaschen und angemessen bekleidet, auf übermäßigen Schmuck wird meist verzichtet. Im Gegensatz zur katholischen Tradition gibt es keine vorgeschriebenen Rituale wie die Aussegnung, doch wünschen viele Angehörige ein Abschiedsgebet durch einen Pfarrer oder eine Pfarrerin. Die evangelische Praxis betont häufig die Individualität – persönliche Gegenstände können dem Verstorbenen mitgegeben werden. Die Aufbahrung ist meist schlicht gestaltet und bietet einen ruhigen Raum für den persönlichen Abschied.
Bestattungsform
Der evangelische Glaube lässt sowohl Erd- als auch Feuerbestattungen zu und überlässt die Wahl weitgehend den Angehörigen oder folgt dem zu Lebzeiten geäußerten Wunsch des Verstorbenen. Die Trauerfeier ist meist schlichter als in der katholischen Tradition, aber nicht weniger bedeutungsvoll. Im Mittelpunkt steht das Wort Gottes, das Trost spendet und die Hoffnung auf die Auferstehung verkündet. Der Gottesdienst besteht aus Gebeten, Lesungen aus der Bibel und gemeinsamem Gesang. Die evangelische Bestattung zeichnet sich durch ihre Flexibilität aus – moderne Elemente wie persönliche Nachrufe oder individuell ausgewählte Musik lassen sich leicht in die Trauerfeier integrieren.
Orthodoxe Traditionen
Vorbereitung des Verstorbenen
Die orthodoxe Tradition ist reich an Ritualen. Der Leichnam wird sorgfältig gewaschen und in neue, meist weiße Gewänder gekleidet, die das reine Leben im Jenseits symbolisieren. Charakteristisch ist die Haltung der Hände, die über der Brust gekreuzt werden, oft mit einem Kreuz oder einer Ikone zwischen den Fingern. Eine Besonderheit der orthodoxen Tradition ist die offene Aufbahrung, bei der der Verstorbene für alle sichtbar wird. Während dieser Zeit werden ununterbrochen Gebete gesprochen und Kerzen angezündet – ein Symbol für das nie erlöschende Licht Christi und die Erleuchtung der Seele auf ihrem Weg zu Gott.
Bestattungsform
In der orthodoxen Kirche ist nur die Erdbestattung erlaubt, da die Feuerbestattung als Eingriff in die Schöpfung Gottes angesehen und nur unter besonderen Umständen geduldet wird. Die Bestattung erfolgt auf einem geweihten Friedhof, wobei der Leichnam traditionell mit dem Gesicht nach Osten – in Richtung des aufgehenden Lichtes, das Christus symbolisiert – ausgerichtet wird.
Die Bestattungszeremonie selbst ist durch eine tiefe Liturgie mit besonderen Gesängen und Gebeten gekennzeichnet, die den Übergang der Seele ins Jenseits begleiten sollen. Weihrauch erfüllt den Raum, Kerzen werden entzündet und der Priester segnet den Verstorbenen ein letztes Mal mit Weihwasser. Nach orthodoxem Glauben wird auch nach der Beerdigung für den Verstorbenen gebetet, vor allem am dritten, neunten und vierzigsten Tag sowie an Jahrestagen, an denen besondere Gedenkgottesdienste abgehalten werden.
Islam
Vorbereitung des Verstorbenen
Im Islam wird der Leichnam des Verstorbenen mit großer Sorgfalt und nach genauen Vorschriften behandelt. Ein zentrales Element ist die rituelle Waschung (Ghusl), die von Muslimen des gleichen Geschlechts vorgenommen werden sollte. Sie folgt einem festgelegten Ablauf, bei dem der Körper mehrmals mit reinem Wasser gewaschen wird, während Gebete gesprochen werden. Während des gesamten Vorgangs wird der Verstorbene respektvoll behandelt – die Genitalien bleiben bedeckt und der Körper wird mit dem Gesicht nach Mekka aufgebahrt.
Nach der Waschung wird der Verstorbene in ein einfaches weißes Leichentuch (Kafan) gewickelt. Dieses besteht traditionell aus mehreren Lagen ungenähten Stoffes, die den Körper vollständig umhüllen. Bei Männern werden in der Regel drei, bei Frauen fünf Lagen verwendet. Abschließend werden oft wohlriechende Substanzen wie Kampfer oder natürliche Duftstoffe aufgetragen. Diese Schlichtheit des Leichentuches symbolisiert die Gleichheit aller Menschen vor Allah, unabhängig von ihrem weltlichen Status oder Reichtum.
Bestattungsform
Im Islam ist die schnelle Bestattung ein wesentliches Prinzip – im Idealfall erfolgt sie innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod. Die schnelle Bestattung folgt einer religiösen Tradition, die Respekt vor dem Verstorbenen zeigt und hygienische und spirituelle Gründe hat. Die Erdbestattung ist die einzig erlaubte Bestattungsform, während die Feuerbestattung strikt abgelehnt wird, da der Körper als Leihgabe Allahs gilt, die respektvoll behandelt werden muss.
Wo es rechtlich möglich ist, bevorzugen Muslime eine Bestattung ohne Sarg, nur im Leichentuch, damit der Leichnam direkt mit der Erde in Berührung kommt und natürlich verwesen kann. In Deutschland ist jedoch in den meisten Bundesländern ein Sarg gesetzlich vorgeschrieben, weshalb meist einfache Holzsärge verwendet werden. Bei der Grablegung wird der Verstorbene mit dem Gesicht nach Mekka auf die rechte Seite gelegt. Die Zeremonie ist schlicht und konzentriert sich auf Koran-Rezitationen und gemeinsame Gebete ohne musikalische Begleitung. Nach islamischer Tradition sollen die Gräber schlicht und ohne aufwendige Grabsteine gestaltet sein, um die Gleichheit aller Menschen im Tod zu betonen.
Vielfalt der Traditionen achten
Die aufmerksame Begleitung von Familien unterschiedlicher Glaubensrichtungen gehört schon heute zum Selbstverständnis vieler Bestattungshäuser. „Kulturelle und religiöse Wünsche nehmen wir sehr ernst“, sagt Herwig Gründel in einem Interview mit Rapid Data. „Wenn eine Familie zu uns kommt, hören wir genau hin: Was braucht sie? Was erwartet sie?“ Lesen Sie das ganze Interview mit dem Geschäftsführer des GE·BE·IN Bestattungsinstituts zum Thema Bestattung und Glaube.
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