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„Bestattung und Glaube“ Teil 3: Kleinere Glaubens­gemeinschaften | Nichtreligiöse Bestattungen

In den ersten beiden Teilen unserer Artikel-Serie haben wir die Bestattungstraditionen der großen Weltreligionen beleuchtet – vom Christentum über den Islam bis zum Buddhismus. Im dritten und abschließenden Teil widmen wir uns nun kleineren Glaubensgemeinschaften wie den Zeugen Jehovas, dem Sikhismus und den Baháʼí. Darüber hinaus werfen wir einen Blick auf Natur- und neuheidnische Religionen sowie auf nichtreligiöse Bestattungsformen, die in unserer zunehmend säkularen Gesellschaft immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Zeugen Jehovas

Vorbereitung des Verstorbenen

In Deutschland leben nach Schätzungen etwa 170.000 Zeugen Jehovas. Die Zahl ist seit Jahren relativ stabil. Die Religions­gemeinschaft verfolgt einen pragmatischen Ansatz bei der Versorgung Verstorbener. Es gibt keine speziellen rituellen Anforderungen oder komplizierten Vorschriften. Der Fokus liegt auf einem würdevollen, jedoch schlichten Umgang mit dem Leichnam. Der Körper wird gewaschen und in angemessene Kleidung gehüllt, in der Regel in die Kleidung, die der Verstorbene zu Lebzeiten bei besonderen Anlässen getragen hat.

Zeugen Jehovas glauben, dass mit dem Tod das gesamte Leben endet. Es gibt kein Weiterleben der Seele. Der Mensch befindet sich in einem zustandslosen „Schlaf“, bis Gott ihn in der Auferstehung zu neuem Leben erweckt. Dabei gilt die Seele nicht als unsterblicher Wesenskern, sondern als untrennbare Einheit mit dem Körper, die im Tod vergeht. Deshalb werden dem Verstorbenen auch keine religiösen Symbole oder Gegenstände mitgegeben. Entsprechend einfach ist die Aufbahrung gestaltet, ohne aufwendige Dekoration oder religiöse Insignien.

Bestattungsform

Sowohl Erd- als auch Feuerbestattungen sind bei den Zeugen Jehovas erlaubt. Die Entscheidung hängt häufig von praktischen Überlegungen, den Wünschen der Familie oder den örtlichen Gegebenheiten ab. Die Bestattungs­zeremonie selbst ist bewusst einfach gehalten und unterscheidet sich deutlich von den liturgischen Feiern anderer christlicher Konfessionen.

Im Mittelpunkt steht eine etwa 30-minütige Ansprache eines Ältesten der Gemeinde. Sie konzentriert sich auf biblische Hoffnungs­botschaften und die Auferstehungs­lehre und weniger auf eine persönliche Würdigung des Verstorbenen. Musik, Gesang oder aufwendige Rituale sind nicht üblich. Die Zeremonie ist darauf ausgerichtet, den Anwesenden Trost zu spenden und ihren Glauben an die Auferstehung zu stärken. Nach der Ansprache erfolgt die Beisetzung ohne weitere religiöse Handlungen.

Sikhismus

Vorbereitung des Verstorbenen

Der Sikhismus ist in Deutschland eine kleine, aber wachsende Religions­gemeinschaft mit rund 30.000 Angehörigen. Vor allem in Großstädten wie Frankfurt, Berlin oder Hamburg gibt es aktive Gemeinden. Bei den Sikh wird der Tod als natürlicher Übergang der Seele zu Gott betrachtet. Die Vorbereitung des Verstorbenen folgt spezifischen, aber einfachen Ritualen. Der Körper wird sorgfältig gewaschen und in saubere Kleidung gehüllt. Dabei wird Wert auf Würde und Respekt gelegt, damit der Verstorbene in einem Zustand der Reinheit seine letzte Reise antreten kann.

Bei männlichen Verstorbenen, die zu Lebzeiten den Turban als Zeichen ihres Glaubens getragen haben, wird dieser auch nach dem Tod aufgesetzt. Der Turban bedeckt die ungeschnittenen Haare (Kesh), die zu den fünf religiösen Symbolen (Panj Kakar) gehören. Frauen werden ebenfalls mit bedecktem Haupt aufgebahrt, meist mit einem Kopftuch oder Schal. Während der Vorbereitungen werden Gebete aus dem Guru Granth Sahib, der heiligen Schrift der Sikhs, rezitiert.

Bestattungsform

Im Sikhismus sind Feuerbestattungen die Regel. Der Körper gilt dabei als vergängliche Hülle, während die unsterbliche Seele nach dem Tod mit Waheguru – der göttlichen Urkraft – verschmilzt. Das Feuer symbolisiert dabei die Reinigung sowie die Rückkehr der körperlichen Elemente zu ihrem Ursprung. Traditionell war im Sikhismus die Verbrennung des Verstorbenen auf einem Scheiterhaufen üblich – als symbolischer Akt der Reinigung und Rückkehr der Elemente zur Natur. Dabei entzündete meist der älteste Sohn oder ein naher männlicher Angehöriger das Feuer. Ein Ausdruck von Verantwortung und familiärer Verbundenheit.

In der westlichen Diaspora, insbesondere in Deutschland, erfolgt die Einäscherung heute im Krematorium. Dort wird die Zeremonie von Gebeten und Hymnen aus dem Guru Granth Sahib begleitet. Sie ist geprägt von Gelassenheit und Akzeptanz, da der Tod im Sikhismus als Teil des göttlichen Willens verstanden wird. Nach der Einäscherung wird die Asche traditionell in fließendes Wasser gegeben, idealerweise in einen Fluss – Wasser gilt im Sikhismus als reinigendes Element. Die Verstreuung der Asche ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich – etwa bei einer genehmigten Seebestattung oder auf dafür vorgesehenen Streufeldern. Welche Optionen im Einzelfall bestehen, hängt von lokalen Vorgaben und individuellen Umständen ab.

Ein wichtiger Aspekt der Sikh-Bestattung ist das Langar, die Gemeinschafts­mahlzeit, die nach der Zeremonie oder einige Tage später für alle Teilnehmenden angeboten wird. Dies unterstreicht die im Sikhismus zentralen Werte der Gleichheit und Gemeinschaft.

Bahá'í

Vorbereitung des Verstorbenen

Die Bahá'í-Religion zählt in Deutschland etwa 6.000 bis 8.000 Mitglieder. Der im 19. Jahrhundert in Persien entstandene Glaube hat spezifische, aber relativ einfache Vorschriften für Bestattungen. Die Vorbereitung des Verstorbenen beginnt mit einer sorgfältigen Waschung des Körpers. Anschließend wird der Körper in ein schlichtes, weißes Leinen- oder Seidentuch gehüllt. Die Farbe Weiß symbolisiert dabei Reinheit und den spirituellen Zustand der Seele nach dem Tod.

Ein besonderes Merkmal ist ein Ring mit einer spirituellen Inschrift, der dem Verstorbenen angesteckt wird. Er soll die Seele auf ihrem Weg zu Gott begleiten. Die Inschrift lautet: „Ich bin von Gott gekommen und kehre zu Ihm zurück, losgelöst von allem außer Ihm, festhaltend an Seinem Namen, dem Barmherzigen, dem Mitleidsvollen.“

Bestattungsform

Im Bahá'í-Glauben sind ausschließlich Erdbestattungen erlaubt. Feuerbestattungen sind strikt verboten, da der Körper als Tempel der Seele respektiert werden muss. Eine einzigartige und wichtige Vorschrift ist die Begrenzung der Entfernung zwischen Sterbeort und Begräbnisplatz: Der Verstorbene darf nicht weiter als eine Stunde Reisezeit (z. B. mit dem Auto, Zug oder Flugzeug) vom Sterbeort entfernt beigesetzt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Körper schnell zur Ruhe gebettet wird und die Familie nicht durch weite Reisen zusätzlich belastet wird.

Der Sarg muss aus natürlichen Materialien wie Holz oder Stein bestehen, Metall ist nicht erlaubt. Die Bestattungs­zeremonie ist schlicht und würdevoll und wird von Gebeten aus den Bahá'í-Schriften begleitet. Ein zentrales Element ist das Gebet für die Verstorbenen, das von Bahá'u'lláh, dem Begründer des Glaubens, verfasst wurde. Es wird während der Zeremonie rezitiert und soll der Seele auf ihrem spirituellen Weg helfen.

Natur- und neuheidnische Religionen

Vorbereitung des Verstorbenen

Die Zahl der Menschen, die sich naturreligiösen oder neuheidnischen Glaubensformen zugehörig fühlen, lässt sich statistisch schwer erfassen. In Deutschland ist jedoch ein wachsendes Interesse an spirituellen Alternativen wie Wicca oder rekonstruierten keltischen oder germanischen Praktiken zu beobachten, die auf historischen Quellen und moderner Interpretation beruhen. Die Bestattungsriten sind entsprechend vielfältig. Ihnen ist meist eine tiefe Verbundenheit mit der Natur sowie der Glaube an die Kontinuität des Lebens in verschiedenen Formen gemein.

Die Vorbereitung des Verstorbenen erfolgt oft in enger Verbindung zur Natur. Der Körper wird gewaschen und in natürliche Materialien wie Leinen oder Baumwolle gehüllt. Dabei spielen Kräuter, Blumen und andere Naturmaterialien eine besondere Rolle. Sie werden dem Verstorbenen beigegeben. Je nach Tradition können diese unterschiedliche symbolische Bedeutungen haben – von Schutz und Reinigung bis hin zur Unterstützung auf dem Weg ins Jenseits.

In vielen heidnischen Traditionen ist es Brauch, den Verstorbenen mit persönlichen Gegenständen zu bestatten, die sein Leben oder seine spirituelle Praxis widerspiegeln. Dazu können Schmuckstücke, Werkzeuge oder religiöse Symbole gehören. Die Aufbahrung erfolgt meistens in einer natürlichen Umgebung oder in einem mit Naturmaterialien geschmückten Raum, sofern dies mit den gesetzlichen Vorgaben vereinbar ist.

Bestattungsform

Die Bestattungsformen in heidnischen und neuheidnischen Religionen sind ebenso vielfältig wie die Glaubens­richtungen selbst. Sowohl Erd- als auch Feuerbestattungen sind üblich, wobei die Wahl oft von der jeweiligen Tradition sowie den persönlichen Überzeugungen des Verstorbenen abhängt. Besonders beliebt sind alternative Bestattungsformen wie Baum- oder Waldbestattungen, die die Rückkehr zur Natur symbolisieren.

Die Bestattungs­zeremonien sind häufig reich an Ritualen und können Gesänge, Tänze, Trommeln oder andere musikalische Elemente beinhalten. Es werden Opfergaben dargebracht, meist Naturmaterialien wie Blumen, Früchte oder Kräuter, um den Verstorbenen zu ehren und seine Reise zu unterstützen. Die Zeremonie wird in der Regel von einer Priesterin, einem Priester oder einem Ältesten der Gemeinschaft geleitet.

Ein wichtiger Aspekt vieler heidnischer Bestattungen ist die Betonung des Kreislaufs von Leben und Tod. Der Tod wird dabei nicht als Ende, sondern als Übergang zu einer anderen Existenzform betrachtet. Dies spiegelt sich in den Ritualen wider, die die Kontinuität des Lebens und die Verbindung zwischen den Lebenden und den Verstorbenen betonen.

Atheisten und Agnostiker

Vorbereitung des Verstorbenen

Mehr als 40 % der Menschen in Deutschland bezeichnen sich heute als konfessionsfrei – Tendenz steigend. Damit nimmt auch die Zahl der Bestattungen zu, bei denen keine religiösen Elemente gewünscht sind. Für Atheisten und Agnostiker gibt es keine vorgeschriebenen Rituale oder Traditionen für die Versorgung Verstorbener. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Umgang mit dem Tod weniger würdevoll oder bedeutungslos wäre. Im Vordergrund steht vielmehr die individuelle Gestaltung, die oft die Werte und Überzeugungen des Verstorbenen oder seiner Familie widerspiegelt.

Die Vorbereitung des Körpers erfolgt in der Regel nach praktischen Gesichtspunkten und ästhetischen Vorstellungen. Der Verstorbene wird gewaschen und in Kleidung gehüllt, die seinem Stil oder seinen Vorlieben entspricht – von der Lieblings­kleidung bis hin zur formellen Garderobe. Persönliche Gegenstände können beigegeben werden – nicht aus religiösen Gründen, sondern als Erinnerung an das gelebte Leben oder als Ausdruck der Persönlichkeit.

Die Aufbahrung orientiert sich oft an den Wünschen der Familie und kann von schlicht bis individuell gestaltet reichen. Fotos, persönliche Erinnerungs­stücke oder Symbole, die das Leben des Verstorbenen charakterisieren, können Teil der Gestaltung sein.

Bestattungsform

Im Rahmen der gesetzlichen und kommunalen Vorgaben sind alle Bestattungsformen für atheistische oder agnostische Menschen möglich.  Die Wahl hängt von praktischen Überlegungen, ökologischen Gesichtspunkten, Kosten oder persönlichen Vorlieben ab. Sowohl Erd- als auch Feuerbestattungen sind gleichermaßen akzeptiert, ebenso alternative Formen wie Baum- oder Seebestattungen.

Die Bestattungs­zeremonie wird oft als „Lebensfeier“ oder „Gedenkfeier“ gestaltet und konzentriert sich auf die Würdigung des gelebten Lebens. Anstelle religiöser Texte werden häufig persönliche Nachrufe, Gedichte, Musik oder andere Elemente verwendet, die das Leben und die Persönlichkeit des Verstorbenen widerspiegeln. Die Zeremonie wird häufig von freien Rednerinnen und Rednern begleitet. Familie und Freunde haben die Möglichkeit, eigene Beiträge zu leisten – von Erinnerungen und Anekdoten bis hin zu musikalischen Darbietungen.

Am Ende zählt der Mensch

Ob religiös geprägt oder weltlich gestaltet: So unterschiedlich Menschen auch glauben mögen, eines eint sie alle – der Wunsch, einem geliebten Menschen auf würdevolle Weise Lebewohl zu sagen.

Wir hoffen, dass wir Ihnen mit unserer kleinen Reise durch die Welt der Bestattungs­rituale interessante Einblicke und neue Perspektiven eröffnen konnten. Danke fürs Lesen!

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