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Der neue Trend: Podcasts zu Tod und Trauer

Manche Menschen lesen gerne, andere hören viel lieber Podcast. Und es werden immer mehr. Podcast hören kann man unterwegs im Zug oder im Auto. Andere haben die Kopfhörer im Fitnessstudio im Ohr. Zunehmend werden Podcasts zu den Themen Sterben, Tod und Trauer angeboten. Allein in diesem Jahr - 2020 - sind fünf Podcastprojekte gestartet. Wer spricht da eigentlich über was? Wir geben einen Überblick über die aktuelle Podcast-Landschaft.

Podcasts werden immer beliebter

Podcasts sind regelmäßige Video- oder Audiobeiträge, die im Internet veröffentlicht sind und abonniert werden können. Es gibt keine festen Sendezeiten. Man kann die Folgen anhören, wann und wo es gerade passt. Niemand muss fürchten, eine Folge zu verpassen.

Laut einer Umfrage von Bitkom im Juli 2020 steigt die Zahl der Menschen, die Podcasts hören, erneut gegenüber dem Vorjahr an. Jeder Dritte (33 Prozent) hört zumindest ab und zu Podcasts. Im Jahr davor war es nur jeder Vierte (26 Prozent). Das ist das Ergebnis einer Umfrage von Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom im Juli 2020. Vor allem bei Jüngeren sind sie beliebt: Zwei von fünf Personen zwischen 16 und 29 Jahren (40 Prozent) geben an Podcasts zu hören.

Eine Umfrage des Markforschungsinstituts YouGov (2019) ergab, dass Podcasts zu 55 Prozent auf Smartphones gehört werden, gefolgt von 28 Prozent Laptops, was die mobile Nutzung unterstreicht. Während Menschen unter 30 Jahren vor allem Unterhaltung suchen, sind es bei den über 50jährigen aktuelle Informationen. Bildung wird von ca. 30 Prozent der Podcasthörer*innen aller Altersgruppen genannt.

Sogar Bundeskanzlerin Merkel hat einen eigenen Podcast

Schon seit 2006 gibt es den Video-Podcast von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, anzuschauen auf ihrer Webseite. Bei Apple-Podcast und dem Streaming-Dienst Spotify kann man die Audioversion des Podcast abonnieren. In ihrer Rede  vom 18. März 2020 zu Beginn der Corona-Krise sagte die Bundeskanzlerin:

„Wir werden als Familie und Gesellschaft andere Formen finden, einander beizustehen. Schon jetzt gibt es viele kreative Formen, die dem Virus und seine sozialen Folgen trotzen. Schon jetzt gibt es Enkel, die ihren Großeltern einen Podcast aufnehmen, damit sie nicht einsamen sind. Wir alle müssen Wege finden, um Zuneigung und Freundschaft zu zeigen.“

Ist also der Podcast das Medium der Krise?

Podcasts zu Tod und Trauer sind im Kommen

Nachrichten, Politik, Lifestyle, Gesundheit sind die beliebtesten Themen. Ein relativ neues Phänomen sind die Podcasts aus dem Themenbereich der “letzten Dinge”: von Praktikern wie Bestatterinnen oder Palliativpflegekräften, über Journalistinnen bis hin zu betroffenen Menschen, die vom Thema Trauer nicht mehr wegkommen oder für die der eigene Podcast eine Art Therapie ist.

Entsprechend klingt das Ende des Lebens in den Namen an „Endlich“, „Ende gut“, „EXIT“, „The-end“, „Bestatten, Hauda“, „Am Ende interessiert es jeden“, „Ich bin hier und du bist tot“, „Vom Lieben und Loslassen“, „Das Lebensende“.

Immer mehr Podcasts sind im Angebot. Seit 2017 wurden im Themenbereich Sterben, Tod und Trauer mindestens 12 Podcastprojekte gestartet, fünf davon allein in diesem Jahr. Corona hat die Entwicklung beschleunigt, da Menschen jetzt Zeit für lang geplante Podcastprojekte hatten. Auf der anderen Seite werden vermehrt mediale Inhalte konsumiert, da kaum noch Veranstaltungen live stattfinden.

Das Reden über Tod und Trauer verändert sich

Gerade ist die Netflix-Serie „Das letzte Wort“ populär. Am Tag der Silberhochzeit wird Karla Fazius Witwe. Karla, gespielt von Anke Engelke, entdeckt beim Bestatter, welche Entwicklungspotentiale die Branche bietet und wird Trauerrednerin. Sie bringt einige neue Ideen in das wirtschaftlich angeschlagene Bestattungshaus, das sie für die Beerdigung ihres Mannes engagiert hatte.

Für die Zuschauerinnen und Zuschauer sind die Geschichten über Leben und Tod, Liebe und Trauer eine ungewöhnliche Serienunterhaltung. Doch dass eine Serie wie diese überhaupt entwickelt wurde zeigt, wie sich die Wahrnehmung von Tod, Trauer und Beerdigungen in den letzten Jahren gewandelt hat.

Die Macher*innen der Podcasts begründen ihren Entschluss mit den Themen Tod und Trauer öffentlich zu werden damit, dass bisher viel zu wenig über „die letzten Dinge“ gesprochen wird, obwohl jeder Mensch früher oder später davon betroffen ist.

Eric Wrede fragt „Wieso wird eigentlich so selten über den Tod gesprochen?“ Melanie Kustra will mit ihrem Podcast „Angst vor der Auseinandersetzung mit dem Tod entgegenwirken“. David Roth erklärt „Warum Trauer auch ihre guten Seiten haben kann“. Stephi & Jenni wollen Menschen, die selbst betroffen sind „eine Stimme geben“, die ihnen selbst „gerade am Anfang oft gefehlt hat“.

Sie führen „entspannten Gespräche“, unterhalten sich mit „inspirierenden Menschen, die durch ihren Beruf oder ihre persönlichen Erlebnisse einen ganz eigenen Zugang zum Tod haben“, wollen ihre „Gedanken und Gefühle mit anderen teilen“ und auf eine „gute Art über Tod, Trauer und Sterben reden: nicht angestrengt oder betroffen, sondern selbstverständlich.“

Podcasts hören mit Podcast-Apps

In den Appstores von Google und Apple finden sich zahlreiche Apps zum Hören von Podcasts auf dem iPhone oder Android-Smartphone. Meist gibt es eine kostenlose Version dieser Podcatcher. Wer zusätzliche Funktionen möchte wie Kapitelmarken, Chromecast oder Schlummermodus benötigt in der Regel eine kostenpflichtige Premiumversion. Empfehlungen für die Auswahl der richtigen Podcast-App lassen sich mit einer Suche im Internet leicht finden.

Podcasts hören mit Musikstreaming-Diensten

Spotify, Deezer und SoundCloud heißen diese Dienste, die vor allem dazu genutzt werden, Musik zu streamen. Es gibt sie auch als kostenfreie Version. Aber auch Hörbücher oder Podcasts stehen zur Verfügung. Will man sich Podcasts herunterladen, um sie später, ohne wertvolles Datenvolumen zu verbrauchen, unterwegs anzuhören, muss man ein kostenpflichtiges Premium-Abonnement abschließen. Andere Streamingdienste wie Apple Music wechseln nach einer Testphase automatisch in ein monatliches Abonnement. Bei diesen Anbietern sind nur ausgewählte Podcasts und nicht das gesamte Sortiment verfügbar.

Exklusive Podcasts von Audible, Spotify oder Deezer haben keinen Podcast-Feed mit dem sie sich in einem Podcatcher (Podcast-App) abonnieren und herunterladen lassen. Sie können nur zentral auf dem jeweiligen Portal (bzw. mit der jeweiligen App) gestreamt oder heruntergeladen werden.

Die hier vorgestellten Podcasts zu Tod und Trauer sind alles keine exklusiven Inhalte der Streaming-Plattformen. Zumindest bei Spotify sind sie alle zu finden.

Die Podcasts zu Tod und Trauer

  • The-end
    Seit Juni 2017 widmet sich der Bestatter Eric Wrede den unausweichlichen Fragen des Lebens und natürlich dem Tod. Seit Anfang 2020 produziert der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) den Podcast, der inzwischen 25 Folgen zählt. Jeden Monat interviewt er prominente Gäste, immer hat es etwas mit dem Tod zu tun.
  • Talk about Tod
    Nur einen Monat später, im Juli 2017 begann David Roth seinen Talk about Tod. Der Tod ist für ihn kein Tabu, sagt der Bestatter, der nichts für die Toten kann, aber für die Lebenden. Er beantwortet alle Fragen, die man sich sonst nicht zu stellen traut. Und er erklärt, warum Trauer auch ihre guten Seiten haben kann.
  • Endlich. Wir reden über den Tod
    Susann Brückner und Caroline Kraft haben irgendwann aus eigener Betroffenheit angefangen, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Im November 2017 startete der Podcast mit der ersten Folge zu „Tabu Tod: Wir werden alle, alle sterben!” Seitdem ist der Refrain des Liedes “Alle, alle” der Gruppe PEER zum Ohrwurm geworden. Die Interviews sind nicht vorsichtig, angestrengt oder betroffen, sondern selbstverständlich: mal ernst, mal traurig, manchmal auch lustig.
  • Vom Leben und vom Loslassen
    Der Podcast über „das Sterben, den Tod, die Liebe und das Leben“ von Melanie Kustra erschien von September 2018 bis August 2019 in 12 Folgen. Die inspirierenden Gespräche mit Menschen, die durch ihren Beruf oder ihre persönlichen Erlebnisse einen ganz eigenen Zugang zum Tod haben, sind nach wie vor hörenswert. In der vorletzten Folge spricht sie darüber, was sie bei der Geburt ihres Sohnes über Leben und Tod lernen durfte. Jetzt scheint erstmal das Leben dran zu sein.
  • Am Ende interessiert es jeden – Gespräche vom Leben und Tod
    Dem Tod auf den Grund gehen will die frühere Reisebloggerin Carina Stöwe, indem sie von ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Tod erzählt und was er uns über Leben lehrt. Seit knapp zwei Jahren spannt sie den Bogen vom Umgang mit dem Tod in verschiedenen Kulturen und Religionen bis hin zu unserem ganz persönlichen Vermächtnis in dieser Welt.
  • Bestattenhauda
    Der Vater ist Bestatter, sie selbst ist Journalistin. Da bleibt der Tod kein Tabu. Sie bequatscht mit vielen verschiedenen Personen aus unterschiedlichen Bereichen ihre Blickwinkel und Sichtweisen zum Tod. In ihrem Podcast schon seit Januar 2019.
  • Liebevoll trauern
    Raus aus der Tabuzone soll der Tod auch bei der Trauerbegleiterin Christine Kempkes. Seit gut einem Jahr bespricht sie sehr einfühlsam, getreu dem Motto: „Mehr Fühlen statt Denken!“ alle Fragen rings um die Trauer. Sie vermittelt Trauernde neue Perspektiven.
  • Vom Lieben und Loslassen
    Wir sind nicht allein und Trauer ist der Weg der Heilung. Davon ist Jennifer Otte überzeugt. Aus ihrer eigenen Betroffenheit heraus, ist der Podcast eine Art Therapie für sie. Sie widmet sich dem Thema, indem sie allein und mit anderen Menschen im Gespräch einen Ort für die Trauer schafft.
  • Das Lebensende
    Mit ihrer langjährigen Erfahrung in der Palliativpflege nehmen Corinna Nordhausen & Pia Schnurr vor allem das Sterben in den Blick. Sie stehen dafür, dass Menschen selbstbestimmt sterben dürfen und bedürfnisorientiert begleitet werden. Dazu geben sie Anregungen für Medizin, Pflege und therapeutische Maßnahmen am Lebensende. Seit dem Start des Podcasts im Januar 2020 sind inzwischen 27 Folgen erschienen.
  • Ende gut
    … „alles gut“ lautet der Reflex, mit dem man den Titel ergänzen möchte. Im Februar 2020 haben Victoria Dietrich und Evgeniya Polo ihren Podcast gestartet. Der Tod ist für sie das einzige, was im Leben wirklich sicher ist. Für diese Lebenssituation wollen sie praktische sowie emotionale Hilfestellung für Menschen in Trauer bieten. Dazu sprechen sie mit Psychologen, Bestattern, Buchautoren und vielen mehr.
  • Ich bin hier & du bist tot
    Der Trauerpodcast. „Willkommen im Club, in dem Du niemals sein wolltest“, so begrüßen Stephi und Jenni ihre Zuhörerinnen. Aus eigener Betroffenheit - beide haben ihre Partner verloren - teilen sie ihre Gedanken und Gefühle mit anderen Trauernden. Damit die Trauer eine Stimme bekommt.
  • EXIT - Podcast zur Endlichkeitskultur
    Ganz neu am Start ist der Podcast von Theresa Korsch und Joerg Vieweg. Über den Radiosender Kiel FM läuft die Sendung zukünftig am 2. Mittwoch des jeweiligen Monats. Im Anschluss wird die Folge im Podcast nachzuhören sein. Bestatter und Bestatterin laden ein zu einem lockeren Gespräch über den Tod und das Sterben, sowie den Umgang damit.

Podcasthören lohnt sich

Podcasts helfen dabei, die Angst vor dem Thema Tod und Trauer zu verringern. Sie erleben, dass das etwas ist, worüber man sprechen kann, ohne dass man aktuell selbst betroffen sein muss. Der Stil der Podcasts ist persönlich, es wird von eigenen Erfahrungen gesprochen. In den erzählten Geschichten können sich die Menschen wiederfinden. Sie werden mutiger, ihre ganz eigenen Wege in der Trauer zu gehen. Trauer findet Eingang in ein Medium, das einen im Alltag begleitet.

Wir haben hier Podcasts vorgestellt, in denen grundsätzlich über Tod und Trauer gesprochen wird. Sie variieren in Länge, Frequenz der Podcastfolgen und Gestaltung. Einige holen sich interessante Interviewpartner mit an Bord. Manchmal spricht allein der Podcaster über einen bestimmten Aspekt aus dem weiten Feld der Trauerkultur. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Podcasts aus Kultur oder Politik, die sich in einzelnen Folgen einer Frage aus dem Bereich Bestattung oder Trauer widmen.

Immer mehr Menschen finden den Mut, offen über das zu sprechen, was sie am Lebensende bewegt. Sie hören von anderen, wie sie ihren Abschied von einem Familienmitglied oder Freund gestaltet haben. Und sie bringen eigene Ideen und Vorstellungen, wie sie einen Abschied gestalten wollen, mit zum Bestatter. An den Podcasts, der Netflix Serie „Das letzte Wort“, den Blogs über das Sterben und Abschiednehmen lässt sich ablesen, wie Menschen aktuell über Tod und Trauer denken und sprechen und womit Bestatterinnen und Bestatter sich im Kontakt mit ihren Kunden einstellen können.

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